Die extreme Dürre in Norditalien und was der Gardasee damit zu tun hat

Der Winter war auf der Alpensüdseite schon extrem niederschlags- und schneearm. Dazu kam dann ein extrem trockenes Frühjahr im Norden Italiens. Dabei erlebt die Poebene die schlimmste Dürre seit 70 Jahren und jetzt ist auch noch ein Streit um das Wasser des Gardasees ausgebrochen!

Dürre
Eine extreme Dürre betrifft den Norden von Italien

Der Po ist Italiens größter Fluss mit mehr als 650 Kilometer. Er entspringt in den Cottischen Alpen an der italienisch-französischen Grenze und mündet nahe Adria in Venetien in die Adria. Dabei fließt der Fluss über weite Strecken durch die Poebene, die wichtigste Landwirtschafts- und Industrieregion Italiens.

Nachdem der Winter schon extrem trocken war und auf der Alpensüdseite kaum Schnee gefallen ist, fiel auch die große Schneeschmelze aus den Bergen im Frühling aus. Zusätzlich war das Frühjahr extrem trocken und durch außergewöhnlich frühe Hitzewellen geprägt. Eine Konsequenz: Der Pegelstand des Po liegt häufig sieben Meter unter Normal!

Landwirtschaft schwer betrofffen

Bedroht ist vor allem die Landwirtschaft in der Region. Egal ob Reisfelder, Mais oder Tomaten, alle diese Anbauflächen brauchen eine kontinuierliche Bewässerung. Der italienische Bauernverband rechnet damit, dass rund 40 Prozent der Früchte- und Gemüseproduktion vernichtet sind; beim Getreide, Reis, Mais und Soja dürften die Ernteausfälle über 50 Prozent betragen.

Zudem hat die extreme Trockenheit auch die Stromproduktion aus Wasserkraft stark eingeschränkt. Diese Art der Stromproduktion ist in Italien von Januar bis Mai bereits um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gefallen, teilte der Wasserversorgungsverband Utilitalia der Nachrichtenagentur AFP mit. Normalerweise liefert Wasserkraft rund 1/5 des gesamten Strombedarfs des Landes.

Auch wird in vielen Gemeinden das Trinkwasser rationiert und die Menschen dürfen es nur für lebensnotwendige Dinge benutzen. Die norditalienische Lombardei rief wegen der Dürre den Notstand aus. Die Regionalregierung bat alle Einwohner, weniger Wasser zu verbrauchen. Zusätzlich sollen die Gemeinden auf nicht dringend notwendige Maßnahmen, wie die Straßenreinigung oder die Bewässerung von Parks und Gärten, verzichten.

Streit um den Gardasee

Um den größten See Italiens, den Gardasee, ist deswegen ein Streit entbrannt. Ihm soll Wasser entnommen werden, doch die Verantwortlichen vor Ort fürchten auch um seine Reserven. Allerdings kommt der Gardasee bisher vergleichsweise glimpflich davon. Aktuell weist er immer noch einen Füllstand von 60 Prozent.

Zum Vergleich ist der Lago Maggiore an der Grenze zur Schweiz lediglich zu 22 Prozent gefüllt, ein historischer Tiefststand. Doch auch am Gardasee ist die Tendenz weiter fallend. Durch den winterlichen Schneemangel in den Alpen kommt kaum noch Schmelzwasser hinzu.

Andererseits gilt der Po als die wichtigste Lebensader in der bevölkerungsreichsten Region Italiens. Es drohen massive Ernteausfälle und die Stromversorgung ist gefährdet. Daher drängt insbesondere die Regionalregierung der Lombardei darauf, den Gardasee anzuzapfen und Wasser in den Po zu leiten.

Um dem Po, seiner Fauna und den Landwirten südlich des Sees zu Hilfe zu kommen, hat die Regulierungsbehörde für das Po-Becken bei Peschiera del Garda eine Öffnung der Schleusen angeordnet, um die Abflussmenge zu erhöhen. Solche Maßnahmen sind nationalen Gesetz für derartige Krisensituationen vorgesehen.

Gardasee
Nur ausgiebiger Landregen könnte die Dürre in der Region lindern

Doch dagegen gibt es von den Anliegergemeinden des größten italienischen Sees erbitterten Widerstand. Sie argumentieren, dass sie ihre eigene Schifffahrt und Fische schützen und auch die Bauern rund um den See ihre Kulturen bewässern müssten. Zudem sei die erhöhte Abflussmenge für den Po nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Stattdessen erkranke dann zusätzlich auch noch der Gardasee", so Pierlucio Ceresa, Geschäftsführer des Gemeindeverbands Garda.

Damit sind dann aber auch weitgehend alle Reserven für eine Linderung der extremen Trockenheit erschöpft. Was im Grunde nur wirkliche Linderung verspräche, wären ausgiebiege und langanhaltende Regenfälle im Einzugsgebiet. Bis auf vereinzelte, örtlich begrenzte Gewitter geht es allerdings mit viel Sonnenschein und Temperaturen häufig über 30°C weiter, wie auch die Vorhersage für Garda eindrücklich zeigt. Ein Ende der dramatischen Trockenheit ist somit bis auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Dabei hat der Sommer gerade erst begonnen!