Der "Große Polarwirbel-Disput"eine wissenschaftliche Debatte oder nur mediale Schreierei
Der „Große Polarwirbel-Disput“ spaltet Wissenschaft und Medien. Forscher warnen vor extremen Wettergefahren durch Polarwirbelstörungen, doch die Medien dramatisieren oft und vernachlässigen die wissenschaftliche Tiefe. Diese Lücke zwischen Forschung und Sensationsberichterstattung führt zu Missverständnissen und überzogenen Szenarien, die die eigentliche Problematik verschleiern.
Polarwirbel in Bewegung – Ein Wetterphänomen mit weitreichenden Folgen
Der Polarwirbel, ein zentraler Bestandteil der globalen Wetterdynamik, steht regelmäßig im Fokus der meteorologischen Beobachtungen, da er das Wettergeschehen insbesondere in den Wintermonaten erheblich beeinflusst. Vor allem in Mitteleuropa könnte sich ab Ende September eine signifikante Veränderung vollziehen:
von spätsommerlichen Temperaturen hin zu herbstlichen Stürmen und deutlich kühleren Luftmassen.
Doch was genau ist der Polarwirbel, und weshalb hat er so einen prägenden Einfluss auf das europäische Wetter?
Struktur und Dynamik des Polarwirbels
Der Polarwirbel ist ein großflächiges Tiefdruckgebiet, das sich in der Troposphäre und Stratosphäre über den Polarregionen bildet. Besonders im Winter, wenn die Sonne in der Arktis nicht mehr scheint, wird der Polarwirbel stärker und zieht kalte Luftmassen an.
Der stratosphärische Polarwirbel entsteht durch die starke Westströmung in den mittleren Breitengraden, die durch die ungleiche Erwärmung zwischen nördlichen und mittleren Breitengraden verursacht wird. Dieser Wirbel ist im Herbst am stärksten und schwächt sich im Frühjahr ab; im Sommer ist er nicht vorhanden. Er kann durch vorübergehende Ereignisse oder die Bildung eines Hochdruckgebiets über dem Pol beeinflusst werden. Im Sommer wird der Polarwirbel durch das polare Sommerhoch ersetzt, was die Zirkulation und die Windrichtung ändert.
Der troposphärische Polarwirbel ist ein Tiefdruckgebiet über dem Pol in 5000 bis 9000 Metern Höhe und reicht bis zum 40. oder 50. Breitengrad. Er ist größer und weniger kompakt als der stratosphärische Polarwirbel und kann an einigen Tagen mehrere Zentren haben, typischerweise zwei im borealen Winter. Im Sommer schwächt er sich ab, verschwindet jedoch nicht vollständig und verursacht stärkere Wellenbewegungen, die plötzliche Wetteränderungen in den mittleren Breiten bewirken können. Die beiden Polarwirbel können gelegentlich miteinander interagieren.
Ein starker Polarwirbel führt zu stabilen, geradlinigen Jetstreams und milden Westströmungen in Europa, während ein schwacher Polarwirbel zu wellenförmigen Jetstreams und erhöhtem Risiko für Kaltlufteinbrüche führt.
Diese kalten Luftmassen werden durch den Wirbel in der Polarregion gefangen und somit am Ausbreiten gehindert. Der Wirbel sorgt so in den nördlichen Breiten für stabiles, kaltes Wetter.Wenn der Polarwirbel jedoch gestört wird, beispielsweise durch Hochdrucksysteme über Grönland, kann sich diese kalte Luft in Richtung Süden verlagern.
In diesem Jahr zeichnet sich eine solche Störung ab: Ein Hochdruckgebiet über Grönland blockiert die westliche Frontalzone, die normalerweise milde Atlantikluft nach Europa transportiert.
Durch diese Blockade kann der Polarwirbel polare Kaltluft nach Mitteleuropa schieben, was zu drastischen Wetteränderungen führen kann.
Einfluss des Polarwirbels auf Mitteleuropa
Die Auswirkungen auf das Wetter in Mitteleuropa sind vielfältig. Sobald der Polarwirbel instabil wird, kann kalte Luft, die normalerweise durch den Wirbel eingeschlossen bleibt, nach Süden strömen und Kältewellen in Europa verursachen.
Ein schwacher Polarwirbel verursacht stärkere Wellenbewegungen und Ausstülpungen arktischer Luft in Europa, Nordamerika oder Asien. Die Position dieser Ausstülpungen entscheidet über das Auftreten von Kältewellen in Europa. Bei einem unterbrochenen Polarwirbel und schwacher Westströmung kann sich ein Hochdruckrücken bis zur Nordsee ausdehnen und kalte sibirische Luft nach Europa bringen.
Besonders in Deutschland könnten zwischen dem 25. und 28. September stürmische Böen und ein Temperatursturz von bis zu zehn Grad zu erwarten sein.
Durch die zunehmende Meridionalisierung der Grundströmung wird der winterliche Polarwirbel durch das Tiefdrucksystem gezwungen, weiter nach Süden abzuwandern. Gleichzeitig schiebt sich ein Hochdruckkeil zwischen östlichem Kanada und Grönland nach Norden und blockiert die Bildung einer neuen Frontalzone.
Durch die Verschiebung des Polarwirbels nach Süden und die Blockade einer neuen Frontalzone durch den Hochdruckkeil zwischen östlichem Kanada und Grönland treffen rasch kalte, polare Luftmassen auf die wärmeren Luftmassen über Mitteleuropa. Dies verstärkt das Tiefdrucksystem zwischen England und Island erheblich. Das Tief bewegt sich ab nächsten Donnerstag weiter nach Osten und befindet sich bis zum Wochenende zwischen England, Skandinavien und Deutschland.
Über den Alpen könnte es sogar zu winterlichen Bedingungen mit Schneefall in höheren Lagen kommen. Die Wettermodelle des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF)und des Global Forecast System (GFS) der USA bestätigen diese Szenarien. Dabei könnten vor allem Norddeutschland und die Alpenregion stark betroffen sein.
Besonders gefährlich sind diese Wetterlagen, da sie durch das Zusammentreffen warmer, feuchter Luft aus dem Süden mit kalter Polarluft entstehen. Diese Luftmassenkollision kann zu intensiven Sturmereignissen führen, die durch schwere Niederschläge und kräftige Windböen begleitet werden.
Langfristig könnten solche Wetterlagen durch den Klimawandel sogar häufiger auftreten, da die Temperaturunterschiede zwischen Polargebieten und den mittleren Breiten weiter zunehmen.
Ozonabbau und Polarwirbel
Neben den Wetterphänomenen beeinflusst der Polarwirbel auch die chemische Zusammensetzung der Stratosphäre. Besonders in der Arktis führt die Bildung von polaren Stratosphärenwolken bei extrem niedrigen Temperaturen zu einer signifikanten Reduktion der Ozonschicht. Chemische Reaktionen auf den Wolkenoberflächen setzen ozonzerstörende Substanzen frei, die innerhalb des Polarwirbels eingeschlossen bleiben und zum Abbau der Ozonschicht beitragen. Dies führt zu einem zeitweiligen Ozonloch, das über der Arktis jedoch weniger ausgeprägt ist als über der Antarktis.
Langfristige Veränderungen durch den Klimawandel
Es gibt Anzeichen dafür, dass der Polarwirbel aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahrzehnten zunehmend instabiler wird. Die zunehmende Erwärmung der Arktis und der Rückgang des Meereises führen zu veränderten Strömungsmustern, die den Polarwirbel destabilisieren. Dies könnte in Zukunft häufiger extreme Wetterereignisse in Europa auslösen.
Besonders Kältewellen und starke Stürme könnten die Folge sein. Klimamodelle deuten darauf hin, dass solche Ereignisse vermehrt auftreten, je stärker sich das Klima erwärmt und der Temperaturunterschied zwischen Äquator und Polarregion schrumpft.
Zusammenfassend zeigt sich, dass der Polarwirbel ein entscheidendes Element in der Steuerung der großräumigen Wetterdynamik auf der Nordhalbkugel darstellt. Seine Stabilität oder Instabilität bestimmt, ob Europa milde Winter oder Kältewellen erlebt.
Durch den fortschreitenden Klimawandel könnte sich der Polarwirbel jedoch weiter destabilisieren und so häufiger extreme Wetterereignisse in Mitteleuropa auslösen.