Das Abschlussdokument der COP28: Besser als nichts?
Auf einmal ging alles ganz schnell: am 13.12. um 6h30 Ortszeit präsentierte COP-Präsident Sultan Al Jaber ein neues Abschlussdokument, an dessen Entstehung „… man die ganze Nacht gearbeitet hatte“. Mit Zustimmung der Delegierten zu diesem zweiten Entwurf endete die COP28.
Die meisten Delegierten waren erleichtert und auch die zahlreichen Vertreter der Kohle-, Öl- und Gasproduzenten und ihre Lobbyvertretungen waren zufrieden, als der finale Beschluss getroffen wurde. Das Dokument projiziert zwar einen Ausstieg aus den fossilen Energien, nennt aber keine klaren zeitlichen Szenarien dafür. Mit diesem Beschluss werden uns die Fossilen noch viele Jahre beschäftigen und begleiten.
Die kleine Hoffnung
Das neue UN-Abkommen kann ein weiterer Schritt in Richtung einer saubereren Zukunft ohne fossile Energien sein. Mit der Unterzeichnung des Abschlussdokuments haben fast 200 Länder wissenschaftlich anerkannt, dass die Transformation auf saubere und größtenteils regenerative Energie gelingen muss. Nur so könne das klimaschädliche Zeitalter der fossilen Brennstoffe in den nächsten 25 Jahren oder früher beendet werden. Allerdings besteht die Klimawissenschaft weiterhin darauf, dass eine wesentlich kürzere Zeitspanne notwendig sei, um die Folgen der Erderwärmung in einem einigermaßen beherrschbaren Korridor zu halten.
Von fossilen Brennstoffen, CCS und Emissionsvermeidung
Der Text setzt klare Zeichen für das Ende des Zeitalters der fossilen Brennstoffe und fordert die Länder dazu auf, sich von fossilen Brennstoffen abzuwenden, oder wie es heißt „… deren Ende in diesem kritischen Jahrzehnt zu beschleunigen“ und einen „Netto-Null“-Endpunkt mit dem Jahr 2050 festzulegen. Damit wurde den Forderungen der Länder Rechnung getragen, die mit dem ersten Entwurf nicht einverstanden waren.
Bei der Kohlenstoffspeicherung (CCS) heißt es nun, dass das Verfahren nicht flächendeckend, sondern „insbesondere in schwer zu reduzierenden Sektoren“ eingesetzt werden soll. Nachdem mehrfach bestätigt wurde, dass die Technologie im Energiesektor sowohl technisch als auch wirtschaftlich nicht umsetzbar ist, kann die COP28 faktisch das Ende von CCS als Klimalösung für den Energiesektor bedeuten.
Beim Thema des Kohleausstiegs gab es keine Verbesserungen, was besonders enttäuscht. Hier wurde speziell den Wünschen Indiens und Chinas entsprochen, deren Emissionen aus Kohleverbrennung besonders hoch sind.
Ein neuer Textansatz bezieht sich auf Übergangskraftstoffe. Dies bedeutet eine Stärkung der großen Gasproduzenten, die auf besondere Regelungen für Gas als Übergangstechnologie bestanden haben.
Es ist schwierig einzuschätzen, wie sich die Empfehlungen insgesamt auf den absoluten Verbrauch fossiler Brennstoffe auswirken werden. Die Wissenschaft befürchtet weiterhin steigende Emissionen, da es keine kurz- oder mittelfristigen Ziele für Ausstiegsszenarien gäbe.
Textpassagen zu natürlichen Kohlenstoffsenken werfen die Frage auf, ob die Praxis reicher Länder, Waldgebiete im Süden zum Ausgleich ihrer Emissionen zu kaufen, zu Problemen mit Souveränität und Gerechtigkeit führen wird.
Energiewende
Wie erhofft, stimmt der Text einer Verdreifachung der erneuerbaren Energien und einer Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030 zu. Dies erfolgt allerdings ohne genaue Quantifizierung oder Lösungen zu den Gerechtigkeitsfragen. Der Text wird als Kompromiss angesehen, da sich China und Indien jeder Quantifizierung entgegenstellten.
Im Text wird auch die kontinuierliche Verbilligung erneuerbarer Energien behandelt. Dies verstärkt die Notwendigkeit, den Erneuerbaren gegenüber anderen kohlenstoffarmen Technologien Vorrang einzuräumen.
Wissenschaft
Der verabschiedete Text ist in Bezug auf die Anerkennung des Pfads zu maximal 1,5 Grad Erderwärmung strenger als der vorherige Entwurf. Er verweist auf den notwendigen Höhepunkt der Emissionen spätestens vor 2025. Die zur langfristigen Einhaltung angestrebte Reduzierung der CO₂-Emissionen bis in die Jahre 2030 und 2035 bzw. bis zur Netto-CO2-Null bis 2050 fanden sich im neuen Text ebenfalls wieder.
Es mangelt aus Sicht der Wissenschaft an der Berücksichtigung von IPCC-Forderungen zu den notwendigen quantifizierten und klar terminierten Emissionsreduzierungen für Kohle, Öl und Gas.
Im Text zu Minderung der Klimafolgen und bei Anpassungsmaßnahmen besteht keine Erwähnung zu den Tatsachen, dass es klare Grenzen für die Fähigkeit der Menschheit gibt, sich an den Klimawandel anzupassen. Dies wird auch in allen Berichten des IPCC so dargelegt.
Finanzen
Im Text wird kaum auf den „Loss & Damage Fund“, also auf die Finanzen Bezug genommen. Damit bestehen weiterhin große Fragen darüber, wie die Energiewende oder -anpassung in Schwellen- und besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern finanziert wird. Nach der Eröffnung durch die großzügige Zusage der Vereinigten Arabischen Emirate eines 30 Milliarden US$-Klimafonds wurde erwartet, dass der textliche Verweis auf die Finanzarchitektur deutlicher ausfallen würde. Nun gibt es im Abschlussdokument kaum Hinweise auf den Umfang der für Verluste und Schäden erforderlichen Finanzierung.
Nichtsdestoweniger wurden bei dieser COP einige Fortschritte bei den Finanzierungszusagen erzielt. Neben der Fondvorstellung des Gastgeberlandes übertrafen die Wiederauffüllungszusagen für den Grünen Klimafonds die vorherigen und belaufen sich nun auf 12,8 Milliarden US-Dollar. Auch ohne Erwähnung im Abschlussdokument ist allen Beteiligten klar, dass 2024 und die Folgejahre entscheidend sein werden, um wichtige finanzpolitische Entscheidungen zur Finanzierung der Energiewende in Schwellenländern und Anpassungsmaßnahmen in besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern zu finanzieren.
Versuch eines Fazits
Das Positivste im Dokument ist die deutliche Aussage, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energien von allen anwesenden Ländern als notwendig und unvermeidlich angesehen wird.
Die Wissenschaft verwies darauf, dass man bei allem Feiern des Ergebnisses die bereits bestehenden Klimaauswirkungen nicht vergessen sollte. So warnte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) davor, dass die Erwärmungsgrenze von 1,5 °C kurz vor der Überschreitung steht. Dem Panamakanal gehe das Wasser aus. Fast zwei Milliarden Menschen sind von Dürre betroffen. Extreme Hitze und schwere Stürme seien an der Tagesordnung.
Die Ergebnisse der COP28, von den Gastgebern in einer Rede, die an den Ton einer Oscar-Anerkennung grenzte, als „historisch“ bezeichnet, werden in den kommenden Monaten Gegenstand intensiver Prüfung sein. Und das nicht nur wegen der vielen Reden, in denen es um „Kinder und Enkelkinder“ ging, die – und da können wir uns ziemlich sicher sein – dieses Ergebnis nicht mit gleicher Begeisterung teilen. Die COP28 war erneut ein Treffen, bei dem sich Lobbyisten für fossile Brennstoffe gegen das verlöschende Licht ihres Industriezweigs auflehnten. Es ist gut, dass ihnen dies nur teilweise gelang, denn das COP28-Signal, dass Öl, Gas und Kohle am Ende sind, war nach Abschluss des Klimagipfels 2023 eindeutig.
Wichtig war auch, dass der anhaltende Vorstoß von Fossillobbyisten zur CO2-Abscheidung und Direktabscheidung keine Resonanz fand. Die geschätzten Kosten für die Weltwirtschaft in Höhe von einer Billion US-Dollar pro Jahr sind nicht finanzierbar. Die Risiken sind nicht abzuschätzen und viele technologischen Ansätze sind noch nicht ausgereift.
Das Jahr 2024 wird als Zwischenstation für mehr Verbindlichkeit angesehen. Auch Aserbaidschan ist ein Land mit fossilen Energien als Kern. Eine Unsicherheit besteht auch darin, dass Donald Trump, ein bekennender Leugner des Klimawandels und seiner Folgen, möglicherweise wieder Präsident der USA wird. So schaut die Welt mit Spannung mehr auf die COP30 in Brasilien, also auf die COP29 in Baku.
Das Land verfügt über große, natürliche Kohlenstoffsenken, leidet aber gleichzeitig schon heute unter den Klimafolgen.
Sicher ist nur: Nichts ist gelöst, aber vieles ist in Bewegung.