China veröffentlicht aktuellen Energiebericht: Experte Ralf Roschlau erläutert den Inhalt.

Am 5. September 2024 veröffentlichte die chinesische Region ihr so genanntes Weißbuch „China Energy Transition 2024“. Das Land ist der weltweit größte Emittent von CO2. Eine Kehrtwende bei den weltweiten Treibhausgasemissionen hängt vor allen Dingen von den chinesischen Emissionen ab.

China sieht sich als Weltmotor der Energiewende

Die Entscheidung der Kehrtwende bei den Emissionen fällt in China!

Während einige Länder der Welt, darunter auch Deutschland, langsam, aber stetig von ihren Klimazielen abrücken, sieht sich Chinas Regierung mit ihrer Politik einer „grünen Entwicklung“ des Landes als Vorbild für eine weltweite Klimapolitik.

Das Land hat nach eigenen Angaben in den letzten zehn Jahren bei der Energiewende bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Es bezeichnet diese als „historische Durchbrüche“ bei der Entwicklung hin zu einer grünen und kohlenstoffarmen Energieversorgung. Mit der Fortsetzung und Intensivierung dieser Richtung setze das Land auf den Auf- und Ausbau eines sauberen, diversifizierten, sicheren und belastbaren Energieversorgungssystems.

Neues Weißbuch mit imposanten Zahlen

Das Informationsbüro des chinesischen Staatsrats veröffentlichte mit dieser Präambel am 5.9.2024 ein Weißbuch mit dem Titel „Chinas Energiewende“. Leider ist der Text bisher nur in chinesischer Sprache verfügbar, so dass die Kernpunkte dieses neuen Weißbuches auf der Basis chinesischer Medien mit englischsprachigen Ausgaben basieren. Ich habe für die Zusammenfassung die in Beijing ansässige Global Times verwendet.

Nach deren heutigen Bericht werden in dem Weißbuch eine Reihe beeindruckender Zahlen aufgelistet. Sie dokumentieren mit Meilensteinen der chinesischen Energiewende im letzten Jahrzehnt den Beitrag des Landes für eine globale, grüne Agenda.

Regenerativer Stromanteil bei 40%

Nach Aussagen des Weißbuches lag der Anteil von regenerativ erzeugtem Strom im Jahr 2023 bei fast 40 Prozent der gesamten chinesischen Stromerzeugung. Dies mag im Hinblick auf Deutschland mit unseren 57% regenerativ erzeugtem Strom im ersten Halbjahr 2024 noch immer bescheiden klingen. Wir dürfen aber nicht vergessen, mit welcher Geschwindigkeit sich China von 0 auf diese 40% bewegt hat!

In dem Bericht wird ferner betont, dass die Exporte des Landes von Wind- und Photovoltaikprodukten (PV) vielen anderen Ländern der Welt geholfen haben, ihre CO2-Emissionen durch Umstellung auf regenerative Energie bei der Stromerzeugung 2023, um etwa 810 Millionen Tonnen zu reduzieren. Der angegebene Wert ist nicht von dritter Seite verifiziert. Es steht aber außer Zweifel, dass China heute der Hauptlieferant für die genannten Technologien der Energiewende ist.

China sieht sich als klimapolitisches Vorbild für die Welt

Internationale Energieagenturen und „Think Tanks“ bestätigen durchaus, dass Chinas Energiewende der Welt ein positives Beispiel biete. Die Umstellung auf regenerative Energien zeige, dass es kostengünstig und wirtschaftlich machbar sei, sich von fossiler Stromerzeugung zu verabschieden. Es werde durch die neue Energiepolitik Chinas auch deutlich, dass sich mittel- und langfristig weitreichende Auswirkungen auf die globale Energiebranche ergeben.

Mit dem am 5.9. parallel zur Veröffentlichung des Weißbuches stattgefundenen Treffen mit 50 Staatschefs des afrikanischen Kontinents und den Zielen von „China Energy Transition 2024“ unterstreicht das Land, dass sein Engagement eine Veränderung der Strukturen der Weltpolitik darstellt, und zwar nicht nur auf dem Gebiet der Energiewende.

Internationale Branchenkenner bestätigen, dass Chinas erfolgreicher Kurs der Energiewende eine beispielhafte Rolle für die Entwicklungsländer spiele und damit durchaus ein globales Modell darstelle.

Die chinesische Seite selbst sieht ihre Wende bei der Energiepolitik auch als eine Lehre für andere Industrieländer. Diese hätten – angesichts der globalen Energieknappheit in den letzten Jahren – ein gewisses Maß an Abstrichen von ihren Klimazielen gemacht, so Cao Heping, ein Ökonom der Peking-Universität, in einem Interview mit der Global Times.

Ziellinie 2030

Chinesische Politiker zeigen sich weiter zuversichtlich, dass China, der weltweit größte Energieproduzent und -verbraucher, über die Kapazitäten verfügt seine eigenen Klimaziele zu erreichen. Diese setzen auf einem dualen Plan auf, den man in China als „duales CO₂-Ziel“ bezeichnet. Die Kernpunkte sehen vor, dass China bis spätestens 2030 den Höhepunkt der CO₂-Emissionen erreicht haben wird, um bis spätestens 2060 ein Netto-Null-Ziel, also eine vollständige CO₂-Neutralität zu erreichen.

China: Motor für die globale Energiewende?

Das Weißbuch zitiert Daten der Internationalen Energieagentur (IEA), denen zufolge der globale Anteil nicht-fossiler Brennstoffe am Energieverbrauch zwischen 2014 und 2023 von 13,6 Prozent auf 18,5 Prozent gestiegen sei. Chinas Anteil an diesem Anstieg betrug beachtliche 45,2 Prozent. Insofern ist die Rolle des „Motors für die globale Energiewende“, in der sich China selbst sieht, kaum zu widerlegen.

Auch die Reduzierung der Produktionskosten sei laut dem Weißbuch auf chinesische Produkte im Bereich Wind- und Solarenergie zurückzuführen. Die Berichte der IEA bestätigen, dass dadurch die durchschnittlichen Kosten pro Kilowattstunde globaler Windkraftprojekte um mehr als 60 Prozent und die von Photovoltaikprojekten um mehr als 80 Prozent gesunken seien. Auch dieses Argument des Weißbuches ist nicht zu widerlegen, ob uns in Europa oder speziell Deutschland als „Innovationsgeber“ diese Aussage nun gefällt oder nicht.

Ohne politische Botschaft an die „alten“ Industrieländer geht es nicht!

Die chinesischen Herausgeber des Weißbuches und deren Analysten betonten in einer stark politisch gefärbten Botschaft, dass das Weißbuch eine eindeutige Widerlegung der westlichen Hetzkampagne gegen Chinas neue Energieindustrie dar, die angeblich nur durch Subventionen angekurbelt wurde. So lege der Bericht offen, dass das vom Westen erfundene Etikett „Überkapazität“ für die chinesische Industrie nicht haltbar- und von einer hegemonialen Denkweise motiviert sei.

Es ist sehr bedauerlich, dass die Ergebnisse der wichtigen und im Kampf gegen die Erderwärmung entscheidenden Energiewende Chinas von den politischen Differenzen der westlichen Welt mit dem Land dominiert sind. Das Land selbst sieht sich auf der einen Seite durch die politische Gegnerschaft der EU (aus der Ukraine-Frage) und der USA (aus dem Konflikt um Taiwan) in einer starken politischen Isolation und ist auf der Suche nach neuen Verbündeten und letztendlich einer veränderten Struktur in der Weltpolitik. Im Gespräch mit einem Chinesen aus Shanghai, mit dem ich seit Mitte der 80er Jahre befreundet bin betonte dieser:

China wird letztendlich bekommen, was es verdient. Nicht nur die wirtschaftliche Führung in der Welt, sondern auch die politische.

Und sein abschließender Satz dazu lautete: "… ob Euch das gefällt oder nicht."

Wir sind übrigens immer noch befreundet….

Quellenhinweis:

Carbon Brief zum neuen Weißbuch Chinas