Bilanz der COP28: Verlängerung oder Scheitern?

Der erste Entwurf der COP28-Abschlusserklärung war eine unangenehme Überraschung für alle Teilnehmenden. Scheitert die gesamte Klimakonferenz mit einem krachenden Misserfolg oder gelingt in der Verlängerung ein Kompromiss?

Die vorausgegangen Tage gaben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Es wurden neue Zusagen zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, vor allen Dingen der Kohle, abgegeben. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sollte bis 2030 verdreifacht und die Energieeffizienz bis dahin verdoppelt werden. Der "Loss and Damage Fund" (Verlust- und Schadensfonds) wurde durch einige Zusagen für Finanzhilfen unterstützt. Und dann kam der Überraschungscoup von Sultan Al Jaber in seiner Funktion als COP-Präsident.

12 Tage getagt, diskutiert, gestritten - für nichts?

In der Abschlußerklärung stellte der Global Stocktake (GST), also das globale Anpassungsziel, die große Herausforderung dar. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, die Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz, die Mobilisierung von Klimafinanzierungen und die Entwicklung hoher Standards für Klimapläne der Regierungen galten als entscheidende Schritte, um die Ziele des Pariser Abkommens von 2015 mit dem 1,5-Grad-Ziel der Erderwärmung zu erreichen.

Finanzierung der Klimafolgen für besonders betroffene Staaten

Die COP28 begann mit durchaus positiven Signalen: Die Vereinigten Arabischen Emirate legten die Idee eines neuen 30-Milliarden-Dollar-Fonds für Klimainvestitionen auf den Tisch. Auch der private Sektor sollte in dessen Finanzierung einbezogen werden. Es war ermutigend zu sehen, dass große Volkswirtschaften wie die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Kenia, Indien, Senegal, Kolumbien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ghana und Barbados das Climate Finance Framework unterstützen.

Allen Delegierten war klar: Die finanzielle Herausforderung ist groß und dringend. Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen und einen gerechten globalen Wirtschaftsübergang zu ermöglichen, müssen alle Finanzströme in eine kohlenstoffarme, widerstandsfähige Wirtschaft gelenkt werden. So weit, so gut.

Ende der Fossilen und Ausbau der Erneuerbaren Energien

Weitere positive Signale gab es in der ersten Woche der Konferenz zur Energiewende. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und der Verbesserrung der Energieeffizienz sowie der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wurde zwar wie erwartet kontrovers diskutiert. Es gab Meinungsverschiedenheiten zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern, zu Emissionsminderungstechnologien wie Carbon Dioxide Removal (CDR), den Ausbauzielen für saubere Energie und zur Energiefinanzierung. Die Ziele, auch in Bezug auf die Zeitschienen, erschienen aber mehrheitlich unstrittig.

Einig war sich die Klimawissenschaft: fossile Brennstoffe müssen in diesem Jahrzehnt stark reduziert und bis 2050 nahezu vollständig eliminiert werden.

Nun lag es an der COP-Präsidentschaft, diese Ambitionen in den Global Stocktake zu integrieren und das Dokument der Abschlußerklärung entsprechend der Vorberatungen zu formulieren.

Der Eklat von Al Jaber

Die Signale im Vorfeld der Abschlußerklärung waren zwar durchaus gemischt, aber mehrheitlich von Optimismus einer Einigkeit im Sinne der wissenschaftlichen Erkenntnisse geprägt.

Dann die Al Jaber - Überraschung vom 11. Dezember: der aktuelle Entwurf für den Abschlusstext der Weltklimakonferenz in Dubai sieht keinen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas mehr vor. In dem 21-seitigen Papier, das am Montag veröffentlicht wurde, ist nur noch von einer Reduzierung beim Verbrauch und der Produktion fossiler Brennstoffe die Rede. Diese Kann-Formulierungen sind die schwächstmöglichsten eines derartigen Dokuments.

Ähnliche Fomulierungen setzen sich im Entwurf fort: der Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) sowie die Verbesserung der Energieeffizienz sollte weiter vorangehen, ohne verbindliche Nennung der Verdreifachung des EE-Ausbaus und der Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030. Auch bei diesen beiden wichtigen Themen gab es also nur schwache Kann-Formulierungen.

Umweltorganisationen reagierten enttäuscht – ebenso wie Staaten, die besonders von der Klimakrise bedroht sind. Man sei nicht nach Dubai gekommen, „um unser Todesurteil zu unterschreiben“, sagte der Chefverhandler der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Marshallinseln, John Silk.

Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland sagte, er sei „wirklich fassungslos“, dass die Präsidentschaft der Vereinigten Arabischen Emirate einen Text vorlege, „…der die Wünsche und Interessen der Öl- und Gasindustrie bedient, aber nicht der Menschen, die jetzt schon unter den Überschwemmungen und Dürren am meisten leiden“. Gerade beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, die mehr als 100 Staaten eingefordert haben, sei der Entwurf absolut unverbindlich. Er könne, wenn er so verabschiedet würde, diese Konferenz zum Scheitern bringen, so Kaiser.

Auch einige politische Teilnehmer äußerten Enttäuschung und Empörung zum ersten Entwurf des Abschlußdokuments. So lehnten Deutschland und die EU am Montagabend den COP28-Beschlussentwurf ab. Die Verhandlungen werden heute fortgesetzt. In einer aktuellen Presseerklärung versuchte das Gastgeberland die Aussagen des ersten Entwurfs zu relativieren:

Der Ausgang ist ungewiss. Entweder schafft man in der Verlängerung einen Konsens - oder man vertagt sich auf das nächste Jahr, also auf die COP29, um die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Diese findet in Aserbeidschan statt, einem weiteren Staat mit großer Abhängigkeit von der Produktion von fossilen Energieträgern.

Versuch eines Fazits

Einer meiner Journalistenkollegen, der noch in Dubai ist, sagte mir gestern in einer ZOOM-Konferenz, dass genau so etwas herauskäme, wenn man KI nutzt, um aus Sicht eines ölfördernden Staates eine Abschlußerklärung zu verfassen. Vielleicht ist eine solche Aussage unfair, aber sie spiegelt die Verwirrung unter den Menschen auf der COP28 wider, die 12 Tage intensiv von der COP28 berichtet haben.

Was konnte eine Präsidentschaft, die sich nach außen hin so sehr für die Konsultation und Inklusion aller Parteien einsetzt, zu einem so chaotischen und unausgewogenen Text für den Global Stocktake führen? Wie konnte eine Präsidentschaft, die sich so sehr darauf konzentrierte, mehrheitlich alles richtig zu machen, mehr als 190 Länder so ratlos zurücklassen?

Auch ich habe in den letzten 12 Tagen unzählige Pressekonferenzen virtuell verfolgt und deren Inhalt aufgezeichnet. Wenn man am Ende dieser Strecke mit leeren Händen und einem Haufen Papier mit letztendlich inhaltlosen Worten dasteht, fühlt man sich genau so: leer und ratlos.