Bericht von der aktuellen Klimakonferenz COP28 zu den globalen Kipppunkten!
Der Global Tipping Points Report wurde von mehr als 200 Forschenden erstellt. Er liefert auf mehr als 500 Seiten eine umfassende Bewertung von Kipppunkten und deren Risiken, aber auch deren gesellschaftlichen Chancen
Die oft zitierten Kipppunkte als Folgen des Klimawandels gelten als einige der größten Risiken für die lebenserhaltenden Systeme der Erde. Auch ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität unserer Gesellschaft wurden oft genannt. dar. In einem bislang einmaligen Vorhaben hat ein großes internationales Forschungsteam auf der COP28 einen umfassenden Bericht über Kipppunkte im Erdsystem und ihre potenziellen Auswirkungen sowie Möglichkeiten für gesellschaftliche Veränderungen veröffentlicht.
Der Bericht
Forschende aus aller Welt haben an dem "Global Tipping Points Report" mitgearbeitet. Der Bericht gilt als maßgeblicher Leitfaden zum aktuellen Wissensstand zu den Kipppunkten. Er beschreibt auch die Alternativen für beschleunigte Umsetzung von dringend benötigten Veränderungen. Vor allen Dingen nennt er Optionen, die zeigen, wie die Politik die Risiken und Chancen von Kipppunkten besser bewerten und steuern kann.
Sina Loriani vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist einer der Hauptautoren des Berichts. Er erklärte während dessen Vorstellung: Dieser Bericht ist der bisher umfassendste Überblick über Kipppunkte im Erdsystem. Das Überschreiten von Kippunkten kann grundlegende und mitunter abrupte Veränderungen auslösen, die das Schicksal wesentlicher Teile unseres Erdsystems für die nächsten Hunderte oder Tausende von Jahren unumkehrbar bestimmen könnten. Diese Kipppunkt-Risiken sind potenziell verheerend und sollten mit Blick auf heutige und künftige Generationen sehr ernst genommen werden, trotz der verbleibenden wissenschaftlichen Unsicherheiten."
Fünf Kippsysteme sind derzeit gefährdet, drei weitere in Gefahr
Wenn die globale Erwärmung auf 1,5°C ansteigt sind fünf große Kippsysteme in Gefahr, ihren jeweiligen Kipppunkt zu überschreiten, berichteten die Forschenden in ihrer Analyse. Sie benannten diese konkret mit dem grönländischen und dem westantarktischen Eisschild, der subpolaren Wirbelzirkulation im Nordatlantik, dem Ausbleichen der Warmwasserkorallenriffe und dem Auftauen einiger Permafrost-Gebiete. Nun kamen mit den borealen Wäldern, den Mangroven und den Seegraswiesen drei weitere Systeme hinzu, die in den 2030er Jahren vom Kippen bedroht sein.
In dem Bericht fasste die Forschungsgruppe mit den Kippsystemen verbundenen Temperaturschwellen aus Studien über Klimaveränderungen in der Erdgeschichte, heutigen Erdbeobachtungen und Computersimulationen zusammen. Sie betonte, dass systematischere Untersuchungen, wie das vom PIK geleitete Tipping Point Modelling Intercomparison Project (TIPMIP), erforderlich sind, um in Zukunft die Erkenntnisse zu verfeinern und die verbliebenen wissenschaftlichen Unsicherheiten zu beseitigen.
Jonathan Donges vom PIK, ebenfalls einer der Hauptautoren des Berichts betonte: "Unsere Analyse zeigt übereinstimmende Kernaussagen in der bisher veröffentlichten Forschung zu Kipppunkten im Erdsystem auf. Zu deb Auswirkungen gehören ein beschleunigter Anstieg des Meeresspiegels, veränderte Wettermuster und geringere landwirtschaftliche Erträge.“ Die Kipppunkte seien nicht unabhängig voneinander zu betrachten, sondern stünden in enger Wechselwirkung: Die Überschreitung eines Kipppunkts im Erdsystem oder in der Gesellschaft könne ein anderes Kippsystem destabilisieren, wodurch Kippkaskaden möglich seien.
Mehr als 200 Forschende aus der ganzen Welt am 500-seitigen Bericht beteiligt
Unter der Leitung der Universität Exeter trugen mehr als 200 Forschende aus verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen die verfügbaren Belege für die Veränderungen des Erdsystems für den Global Tipping Points Bericht zusammen und unterzogen sie einer eingehenden Prüfung Das Forschungsteam hob hervor, das ein rascher Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der Verringerung der Emissionen aus der Landnutzung entscheidend seien, um den Planeten zu stabilisieren und negative Auswirkungen von Erdysstem-Kipppunkten auf Gesellschaften zu vermeiden.
Wenn man die Erkenntnisse über Kippdynamiken auf Gesellschaftssysteme anwende, zeige sich, dass solche wünschenswerten Veränderungen unter den richtigen Bedingungen selbstverstärkend seien. Ein Großteil des Berichts betont daher die Potenziale für abrupte soziale und technologische Veränderungen und verdeutlicht, dass solche nicht linearen Veränderungen bereits heute auf den Märkten für erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge zu beobachten seien.
Fazit aus Sicht der PIK
"Die Welt befindet sich nicht mehr in einem Zustand des schrittweisen und linearen Wandels", fasst PIK-Direktor Johan Rockström zusammen. "Das bedeutet, wir müssen einen rasanten und tiefgreifenden Wandel über mehrere Sektoren und Regionen hinweg auslösen, indem wir aus den fossilen Brennstoffen aussteigen und gleichzeitig positive soziale und wirtschaftliche Kipppunkte nutzen. Die Anreize und Hebel für eine Transformation müssen sich so grundlegend ändern, dass wir als Gesellschaft einen neuen, nachhaltigen Kurs einschlagen. Der Global Tipping Points Bericht bietet den ersten umfassenden Leitfaden, um uns über die bevorstehenden Gefahren und Chancen aufzuklären.“