Lachgas - ein unterschätztes Treibhausgas

Bei den Betrachtungen der Klimafolgen durch Treibhausgasemissionen bekommt Kohlendioxid (CO2) stets die größte Aufmerksamkeit. Ein anderes wesentliches Treibhausgas wird eher nebensächlich betrachtet: das Lachgas. Dabei erzeugen wir Menschen eine immer größere Menge davon.

N2O
Lachgas: noch ein Treibhausgas, das die Erderwärmung beschleunigt

Was genau ist Lachgas?

Lachgas (Distickstoffmonoxid oder N2O) ist eine Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. Das Gas ist farblos und riecht süßlich. Es hat eine schmerzstillende und betäubende Wirkung und wird aus diesem Grund bei kleineren Narkosen eingesetzt. Weitere Verwendung von N2O findet sich in der chemischen Industrie sowie zunehmend in der Landwirtschaft.

Der Ausstoß von N2O nimmt permanent zu!

Die Menschheit produziert zunehmend mehr klimaschädliches Lachgas. Nach Kohlendioxid und Methan ist es bereits heute das drittwichtigste Treibhausgas. Der Forschungsverbund Global Carbon Project unter Leitung des Boston College in den USA hat sich nun ausführlich mit der Datenlage zu den N2O-Emissionen beschäftigt. So seien in den vier Jahrzehnten seit 1980 die von Menschen verursachten Lachgas-Emissionen um etwa 40 Prozent gestiegen. Besonders die Jahre 2020 und 2021 zeigten auffällig hohe Werte.

Neben der Nutzung in der Medizin entstehen viel größere Mengen eher versehentlich, wie zum Beispiel durch das Düngen von Feldern oder auch beim Verbrennen von fossilen Energieträgern. In beiden Fällen gelangen sie direkt in die Atmosphäre.

Lachgas entsteht auch durch natürliche Emissionen

Lachgas gelangt auch auf natürliche Weise in die Luft. Nach der Forschungsgruppe sind sogar zwei Drittel der derzeitigen Emissionen darauf zurückzuführen. Allerdings werden diese wieder abgebaut.

Die Menschen haben in diesen natürlichen Stickstoff-Kreislauf der Erde eingegriffen. Sie nutzen den Stickstoff der Luft - also N2, um daraus in einem chemischen Verfahren Dünger herzustellen. Auch das Ausbringen von Gülle auf Weiden und Feldern ist eine Ursache für das Entstehen von Lachgas, denn

wenn der natürliche und künstliche Dünger nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen wird, kann er sich direkt in N2O umwandeln.

Die Rolle der Landwirtschaft

Der Studie zufolge sei die Landwirtschaft für ca. 74 Prozent des menschlichen Lachgas-Ausstoßes verantwortlich. Der Anstieg war besonders in den Ländern sehr drastisch, in denen die Bevölkerung um viele Millionen wuchs. Durch die damit verbundene intensivere Landwirtschaft stiegen auch die Lachgas-Emissionen in den vier untersuchten Jahrzehnten stark an. Dies betraf insbesondere China und Indien.

Europa-Zahlen sind rückläufig

Die Studie stellte fest, dass der Lachgas-Ausstoß in Europa zurückging, was mit Veränderungen der chemischen Industrie und deren Produktionsprozessen zusammenhängt. Auch der sinkende Anteil an Emissionen durch fossile Brennstoffe hat die Lachgas-Emissionen reduziert.

Die Menschheit hat in den Jahren 2020 und 2021 etwa zehn Millionen Tonnen Lachgas pro Jahr verursacht. Lag der Anteil von Lachgas-Teilchen in der Atmosphäre im Jahr 1750 noch bei 270 Teilchen pro Billion (ppb) zu finden waren, stieg dieser Anteil im Jahr 2022 auf 336 Teilchen, was einem Zuwachs um fast 25 Prozent entspricht.

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen die Notwendigkeit einer deutlichen Verringerung der Lachgas-Emissionen, wenn man die Klimaziele einhalten will. Nur so könne dazu beigetragen werden, dass der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt wird. Der Erstautor Hanqin Tian vom Boston College erklärte gegenüber der dpa:

„Die Reduzierung der Lachgasemissionen ist die einzige Lösung, da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen.“

Ansätze für die notwendige Reduzierung

Um die Menge des menschengemachten Lachgases zu verringern, schlagen Fachleute mehrere Ansätze vor. Die US-amerikanische Umweltschutzbehörde hält es für zentral, Düngemittel effizienter einzusetzen. Wird weniger Dünger verwendet, verbleibt am Ende weniger Überschuss im Boden, der zu Lachgas werden kann.

Außerdem empfiehlt die Behörde, weniger Öl, Gas und Kohle zu verbrennen. An der umfassenden Studie arbeiteten 58 Fachleute aus 15 Ländern mit, auch aus Europa. Sie nutzten Millionen von Messungen aus vier Jahrzehnten: aus der Luft, aus Süßwasser und den Ozeanen. Tian zufolge handelt es sich um die bisher umfassendste Untersuchung des globalen Lachgases.

Wegen der großen Unsicherheiten, etwa was die Bodenbeschaffenheit angeht, geben die Forschenden für die N2O-Emissionen eine große Spannbreite an. Die Messungen des N2O-Anteils in der Atmosphäre hingegen sind sehr genau.

Lachgas – eine neue Partydroge?

Distickstoffmonoxid wird unter anderem auch für die Herstellung von Schlagsahnebehältern verwendet. Damit ist Lachgas problemlos im Supermarkt erhältlich. Auch an Kiosken in Europa und in Vape-Shops für E-Zigaretten in den USA werden Lachgas-Kartuschen verkauft.

Gesundheitsexperten zufolge ist Lachgas eine Einstiegs-Partydroge. Kindern und Jugendlichen wird von Gleichaltrigen oft gesagt, dass Lachgas ihnen nicht schade. Das klingt auch plausibel, da es keine Warnhinweise auf den mit Lachgas gefüllte Kapseln für Sahnespender gibt. stecken. Mit einem Spezialöffner können diese Kapseln geöffnet werden. Das Gas wird danach in einen Luftballon gefüllt und dann inhaliert. Man muss also keinen „Dealer“ finden - und nicht einmal 21 Jahre alt sein, um an Lachgas zu kommen.

Verschiedene Länder wollen die Substanz regulieren. Das Vereinigte Königreich hat 2023 ein Gesetz zum Verbot von Distickstoffmonoxid verabschiedet. In den Niederlanden ist Lachgas bereits als Partydroge eingestuft. Auch deutsche Behörden erwägen ein Verbot, aber erwägen heißt ja zunächst nicht mehr als das.

Lachgas hat eine leicht euphorische Wirkung. Anwender beschreiben es häufig als angenehmes Schwindelgefühl. Die Wirkung des Gases ist von kurzer Dauer. Die Benutzer können es allerdings mehrmals in einer einzigen Sitzung inhalieren.

Gesundheitsexperten beobachten seit 2017 einen Boom bei der Zahl der Nutzer von Lachgas als Partydroge. Ein Kampagne von Studierenden an der Queen Mary University of London trägt den Namen "N2O: Know the Risks”, also „N2O : Sei dir der Risiken bewusst".

An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, was sich Menschen dabei denken, sich mit dem drittschädlichsten Klimagas einen kurzen „kick“ zu verschaffen, ohne weder an die persönlichen Risiken der Abhängigkeit noch an die verstärkende Wirkung bei den Klimaveränderungen zu denken? Es gibt Fragen wie diese, auf denen zumindest mir keine Antwort einfällt.

Link zu Studie von Global Carbon Project: https://essd.copernicus.org/articles/16/2543/2024/

Link zur Studie N2O: Know the Risks:https://www.qmul.ac.uk/hub/medicine/students-n2o-public-health-campaign/